Der Spreizgaffelschoner ATLANTIS

10. Juni 2004 Kommentare

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Die ATLANTIS im Sturm
Sturmfahrten werfen auch für RC-Segler eine Reihe von Problemen auf. Zwar sind Kielyachten mit Monorumpf in der Regel kentersicher. Jedoch können leichte Yachten mit geringem Volumen vor dem Wind mit dem Bug gefährlich tief in der Welle unterschneiden. Dabei hebt sich das Heck dramatisch in die Höhe und es kann Wasser in den Rumpf eindringen und die Elektronik des Empfängers beeinträchtigen. Von Bruch und der Gefahr des Sinkens ganz zu schweigen. Viele moderne Yachten sind im Sturm nur noch eingeschränkt manövrierfähig und bleiben beim Wenden – mangels Masse – einfach im Wind stehen. Zu viel Tuch am Mast bedeutet eine weitere Gefahr. Wenn es zu dicke kommt, kann man bisweilen nicht mehr abfallen und u.U. sogar nicht mal mehr wenden. Eine Rückkehr zur gewünschten Uferstelle wird schwierig oder sogar unmöglich. Meine ATLANTIS zeigte sich all diesen Gefahren gewachsen – selbst wenn ihr Anblick bei Seegang mehr an ein auftauchendes U-Boot erinnert. Denn wegen des niedrigen Freibords kommen stets Unmengen Spritzwasser über. Es ist ein ausgesprochen nasses Segeln. Selbst das auf dem Achterdeck verzurrte Dingi mutierte stets zur bordeigenen Badewanne, bis ich es schließlich mit einem Spundloch versehen hatte und das Wasser wenigstens sofort wieder ablaufen konnte. Wegen der drei großen Öffnungen unter den Deckshäusern bleibt der Rumpf zwar erfreulich gut zugänglich, die Luken benötigen aber, ganz wichtig bei solchem Wetter, eine sorgfältige Abdichtung. Wer dabei schludert, gibt seine ATLANTIS dem Untergang preis. Die ATLANTIS des Modellskippers hat 1995 so ihr tragisches Seemannsgrab gefunden, wie er auf seiner Internetseite berichtet. Anfangs hatte ich bei Sturmfahrten öfter Wasser im Rumpf. Dann habe ich die Kanten der Luken bündig mit Gummistreifen beklebt, die ich aus einem alten Fahrradschlauch ausgeschnitten hatte, und die Deckel anschließend verschraubt. Das hält bislang gut dicht. Schwierigkeiten bereitete mir zunächst auch das Holz, das an mehreren Stellen Wasser zog und hässliche Risse bildete. Irgendwelcher billiger Boots- oder Klarlack reicht zur Holzkonservierung nicht aus. Eine nachträgliche Behandlung mit G 4 bzw. G 8 brachte erfolgreiche Abhilfe. (Die Fa. Robbe bietet ausdrücklich ihr flüssiges Holzwachs zur Imprägnierung an! Meine SUSANNE wurde zeitgleich mit der ATLANTIS 1985 gebaut. Das Holz wurde nur gewachst und ist noch heute einwandfrei! G.N.)

Bei Sturm hat das hohe Gewicht auch Vorteile. So ist mir der kiloreiche Schoner noch nie in der Wende stehen geblieben. Natürlich legt sich selbst eine ATLANTIS in schweren Sturmböen mal mächtig auf die Backe, läuft aus dem Ruder und luvt unhaltbar. Sie macht das aber erst, wenn die meisten anderen RC-Segler schon eingepackt – oder vielmehr – gar nicht erst ausgepackt haben. Durch starkes Auffieren konnte ich das Schiff fast immer wieder zurück auf Kurs zwingen.
Wie bei großen Vorbildern sind Halsen unter Sturmbedingungen kritisch. Die federnd gespannte Umlaufschot funktionierte leider nicht narrensicher. Die ruckartig auftretenden Belastungen beim Schiften bringen die Umlaufschot zum Springen und gelegentlich springt sie aus ihren Führungsrollen hinaus. Das vorschriftsmäßige Dichtholen der Schoten beim Schiften geschieht leider nicht immer schnell genug. Oft kann das Manöver vom Ufer auch schlecht beobachtet und daher nicht vorschriftsmäßig durchgeführt werden. Zur Verbesserung der Situation habe ich die Spannfeder an der Umlenkrolle der Umlaufschot verstärkt, die Aufhängung der Rollen modifiziert und den Hub der Umlaufschot nach oben begrenzt. Außerdem meide ich jetzt bei starkem Wind lieber das Halsen. Seitdem gibt die Umlaufschot Ruhe.
Die Segellatten mußte ich nach und nach nochmals mit Patex nachkleben. Der spröde Sekundenkleber mag keine killenden Segel. Das Vernähen beider Enden der Latten kann nicht schaden.
Das Problem des Modellschiffers schlechthin ist das Fehlen einer ferngesteuerten Mannschaft. Wo auf dem großen Vorbild die Crew schon lange mit Reffen oder Bergen beschäftigt wäre, müssen wir uns notfalls mit schlichtem Auffieren behelfen oder gleich am Ufer noch ein kleineres Stell aufziehen bzw. im Fall der ATLANTIS einen Teil der Segel bergen. Immerhin verträgt die ATLANTIS bereits unter vollem Zeug mehr Wind als die meisten anderen Modelle. Kachelt es noch stärker, kann man relativ bequem ein oder zwei Segel bergen. Reffen würde einem das Segeltuch verübeln. In der ersten Stufe bietet sich das Schonersegel zum Bergen an. In der zweiten Stufe auch das Stagsegel bergen. Selber ausprobiert habe ich letztere Variante allerdings noch nicht. Bei jedem Kürzen der Segelfläche ist zu berücksichtigen, dass der Segelschwerpunkt möglichst erhalten bleiben soll, bzw. zur Bekämpfung der Luvgierigkeit nach meiner Meinung sogar weiter nach vorne wandern darf.

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KategorienDies und Das
  1. Niels Koeplin
    7. Oktober 2012, 14:18 | #1

    @Chris

    Hallo Chris, dann melde Dich mal: niels ät koeplin Punkt net

  2. Chris
    5. Juli 2012, 21:06 | #2

    @Niels Koeplin
    Hallo Niels !
    Habe gerade den Bericht gelesen und bin dabei auf deine Antwort gestoßen. Bin gerade dabei eine Atlantis aufzubauen und würde mich für deine Änderungen interessieren. Falls Bilder oder andere Details verfügbar wären und du mir diese zukommen lassen könntest würde ich mich ganz herzlich dafür bedanken

  3. 1. Dezember 2011, 19:48 | #3

    Hallo Gerd, Du hast da einen sehr treffenden Bericht verfasst. Komliment, die Segeleigenschaften empfinde ich genauso. Bei Starkwind wird Sie zum Uboot. Unkaputbar. Gegen Wassereinbruch habe ich allerdings eine Lenzpumpe verbaut. Als weitere änderungen, weil es schon zu viels Atlantise gab, zwei Vorsegel, Klüver und Fock, Deckshaus einer moderneren Jacht und Innenboarder. Also nicht Motorsatz von Robbe. Steuerung der Vorsegel über eigene Winde, per Schalter über Servoumker auf den anderen Bug zu bringen, aber per Mischer mit dem Groß-, Stag- und Gaffelsegel gemeinsam gestellt.
    Wenn Du Interresse hast rigge ich Sie, Freya, mal auf und mache ein par Fotos für Dich.
    Gruß, Niels