Der Spreizgaffelschoner ATLANTIS

10. Juni 2004 Kommentare

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Ein Alleskönner
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Die ATLANTIS besticht durch ihre Vielseitigkeit. Als Dekoration im maritim eingerichteten Wohnzimmer ist die ATLANTIS als Fahrmodell auf Dauer dankbarer als ein Standmodell. Denn den sich ansammelnden Staub kann man einfach mit Wasser abspülen. Aber vor allem taugt die ATLANTIS so richtig zum Segeln und zur Teilnahme an Segelveranstaltungen aller Art. In den Augen „richtiger“ Bauplanmodellbauer findet sie noch einen Rest von Gnade. Und, aller modernen Segeltheorie zum Trotz, läuft sie auf dem Wasser mancher modern(er) gestylten Slup auf und davon. Der praktische Einsatzbereich der ATLANTIS ist nahezu konkurrenzlos groß.

Einschränkungen ergeben sich ja allgemein durch die Gewässerbedingungen sowie durch Flaute, Sturm, Wellengang, Konzeption und Größe eines Schiffes. Mit einer ATLANTIS kann man jedoch fast immer und überall segeln. Bei Flaute reicht ihr bereits ein leises Lüftchen um Fahrt aufzunehmen. Höhe läuft sie problemlos. Und wenn der Wind böig auffrischt und erste Gischtkronen Modellschiffen das Leben schwer machen, beweist die ATLANTIS ihre nahezu unübertreffliche Seetüchtigkeit. Bereits beim Transport im Auto und erst recht später beim Auftakeln am Ufer fällt die ATLANTIS angenehm durch ihre Standsicherheit im Ständer auf. Zum Einsetzen der Yacht ins Wasser benötigt man keine Anglerhose. Normal hohe Gummistiefel reichen bei dem geringen Tiefgang des Langkielers aus. Das Schiff kommt deshalb mit seichten Uferstellen und Untiefen entsprechend gut zurecht. Mit ihrem flachen Vorsteven gleitet die ATLANTIS anstandslos über Wasserpflanzen hinweg, an denen sich die langen, steilen Kielflossen moderner Rennziegen, sehr zum Leidwesen ihrer Skipper, gerne verheddern. Mit der ATLANTIS kann man sich gewagte RC-Törns erlauben, die man mit anderen Baukastenmodellen aus guten Gründen lieber unterläßt. Mit keinem anderen Schiff meiner Segelflotte habe ich mich so weit auf das Wasser hinaus gewagt, wie mit der ATLANTIS. Größe, Schnelligkeit, Zuverlässigkeit, Kursstabilität und Manövriersicherheit machen die Ansteuerung einer weit draußen liegenden Boje auch bei schwierigen Sicht-, Revier- und Windverhältnissen relativ sicher möglich.

Die hohe Gebrauchstauglichkeit der ATLANTIS wird durch eine beachtliche Reparatur- und Wartungsfreundlichkeit ergänzt. Denn das Rumpfinnere bleibt durch drei größere Luken unter den Deckshäusern überall gut zugänglich.

Der Langkiel macht das Schiff schwer und damit unhandlich. Seine segeltheoretischen Nachteile werden allgemein gerne und oft kritisiert. Die Praxis lehrte mich jedoch, seine Vorteile zu schätzen. Er kennt keine Dichtigkeits- oder Stabilitätsprobleme, keine Bruchgefahren, keine Probleme mit Wasserpflanzen, Untiefen oder seichten Ufern. Und das Schiff steht, wie gesagt, immer und überall sicher in seinem Ständer.

Transport und Aufriggen

Heben und Tragen der schwergewichtigen Dame bereiten allerdings weniger Freude. Etwas Kraft und Gesundheit sind für die Handhabung leider unentbehrlich. Ich bevorzuge, wenn es denn sein muss, den Transport des (abgetakelten) Schoners zum Wasser auf der Schulter und halte zur Not einen entsprechend umgebauten Bollerwagen als Trailer in Reserve. Ohne Hilfsvorrichtung ist das Absenken des Schiffes von einem hohen Steg aus fast unmöglich.

(Ich habe mit Hilfe von zwei kleinen aber stabilen Ringschrauben mit Muttern (Stahl vernickelt M3-M4) eine sehr bequeme und nützliche Idee verwirklicht, die das Tragen und ins Wasser Setzen sogar Einhand ermöglicht! Die Schrauben werden ca. 2 cm vor dem Mittelaufbau und vor dem Steuerstand montiert. Dazu ist eine großflächige und stabile Decksverstärkung im entsprechenden Bereich unbedingt nötig! Außerdem sitzen die Schrauben ca. 6-8 cm seitlich von der Mittellinie des Decks. Jetzt hänge ich den Tragegurt des Senders in den Ösen ein und schon kann ich das Schiff wie eine, wenn auch schwere Einkaufstasche tragen. Die seitliche Montage der Schrauben bewirkt dabei, dass das Boot schräg von mir wegkippt. Die Masten stören auf diese Weise nicht! Mit diesem Trick lässt sich auch ein 20 kg Modell von hohen Bootsstegen bandscheibenschonend zu Wasser lassen! (Die „hässlichen Schrauben“ lassen sich mit „Decksgerödel“ wie Eimern oder Wasserfässern leicht verstecken. G.N.)

Ob das schwere Schiff eventuell nur an den Masten herabgesenkt werden kann, habe ich lieber noch nicht ausprobiert. (Würde ich nicht empfehlen! G.N.)

Für diese Situation halte ich eine Art Slipanlage parat. Das Aufriggen geschieht dank des Robbe-Patentsystems schnell und komfortabel. Nach dem Aufstellen der Masten brauchen die Augen am Ende der Wanten bloß in den Püttings eingepickt zu werden. Gespannt werden die Ober- und Unterwanten über eine zentrale Stellschraube im jeweiligen Masttopp. Der Mastfall kann zu Trimmzwecken allerdings nur geringfügig über die Höhenverstellung der Püttings variiert werden. Da die zwei Püttingpaare pro Mast recht weit voneinander entfernt liegen, funktioniert das ohnehin nur, wenn die Länge der Wanten beim Bau pingelig genau ausgemessen und abgelängt wurde. Das originale Großstag aus Edelstahllitze zwischen den Masten habe ich durch eine spannbare Leine ersetzt. Die Schoten werden mit Karabinerhaken eingehängt, so dass die Grundeinstellung der Segel nicht bei jedem Aufriggen neu justiert werden muss. Vor dem Spannen der Wanten und Stage bleibt noch die Deutschlandfahne ins Masttopp des Großmastes einzusetzen, die ich, abweichend vom Bauplan, zum Verklicker umfunktioniert habe. Dann geht es ans Slippen. Hat man das „Dickschiff“ ohne Hilfsvorrichtung schnaufend zu Wasser gewuchtet, bestätigt der geringe verbleibende Freibord das objektiv hohe Gewicht. Das niedrige Deck ist zwar gut für die Aerodynamik. Die Optik des sonst so imposanten Zweimasters leidet darunter jedoch etwas.

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KategorienDies und Das
  1. Niels Koeplin
    7. Oktober 2012, 14:18 | #1

    @Chris

    Hallo Chris, dann melde Dich mal: niels ät koeplin Punkt net

  2. Chris
    5. Juli 2012, 21:06 | #2

    @Niels Koeplin
    Hallo Niels !
    Habe gerade den Bericht gelesen und bin dabei auf deine Antwort gestoßen. Bin gerade dabei eine Atlantis aufzubauen und würde mich für deine Änderungen interessieren. Falls Bilder oder andere Details verfügbar wären und du mir diese zukommen lassen könntest würde ich mich ganz herzlich dafür bedanken

  3. 1. Dezember 2011, 19:48 | #3

    Hallo Gerd, Du hast da einen sehr treffenden Bericht verfasst. Komliment, die Segeleigenschaften empfinde ich genauso. Bei Starkwind wird Sie zum Uboot. Unkaputbar. Gegen Wassereinbruch habe ich allerdings eine Lenzpumpe verbaut. Als weitere änderungen, weil es schon zu viels Atlantise gab, zwei Vorsegel, Klüver und Fock, Deckshaus einer moderneren Jacht und Innenboarder. Also nicht Motorsatz von Robbe. Steuerung der Vorsegel über eigene Winde, per Schalter über Servoumker auf den anderen Bug zu bringen, aber per Mischer mit dem Groß-, Stag- und Gaffelsegel gemeinsam gestellt.
    Wenn Du Interresse hast rigge ich Sie, Freya, mal auf und mache ein par Fotos für Dich.
    Gruß, Niels